Dienstag, 12. November 2013

die seriensucht

Wenn ich nachts gegen drei Uhr aus dem Fenster schaue und ich im Wohnblock gegenüber einzelne Lichter brennen sehe, weiß ich, ich bin nicht allein. Was habe ich eigentlich vor Gossip Girl gemacht? Vor Lipstick Jungle, bevor Meredith Grey in mein Leben trat, um es mit Not-Operationen und Toraxdrainagen zu fluten?

Ob Meredith Grey oder Carrie Bradshaw - zu meinem Freundeskreis gehören jetzt beide.



Nach einer 45-Minuten Folge Grey’s Anatomy sage ich mir, eine geht noch, dann noch eine und noch eine. Plötzlich ist es 3 Uhr 20 und ich gehe ins Bad, um wie in Trance meine Zähne zu putzen. Im Spiegel betrachte ich mein völlig übermüdetes Gesicht, das trotz riesiger Augenringe überglücklich grinst. Doch anstatt mit meinen Assistenzarztkollegen nach einer 48-Stunden-Schicht endlich ins Bett zu fallen, entscheide ich mich für eine weitere Folge. Jetzt schnell noch das Gesicht waschen. Christina Yang braucht keinen Schlaf.
Für manche mag der Unterschied nicht ins Gewicht fallen. Doch Serien auf DVD und normales Fernsehen verhalten sich zueinander wie eine Flasche Medizin, von der man immer nur kleine Mengen einnehmen sollte - der Serienjunkie hingegen kippt die ganze Flasche.
Beinahe könnte man es Freiheit nennen, wenn ich nicht zugeben müsste, dass ich seit Wochen nicht mehr beim Sport gewesen bin und meinen Dealer – den Elektrofachmarkt – mittlerweile fast jeden Tag aufsuche. Auch die letzte Party habe ich schon um halb zehn verlassen, nur um zu Hause „play all“ zu drücken.
Eine ganze Staffel Grey's Anatomy dauert so lange, wie 7 Spielfilme. Die erste habe ich nach nicht ganz zwei Tagen gesehen und als ich erkenne, dass schon Ladenschluss ist und ich die zweite Staffel heute nicht kaufen können würde, bin ich den Tränen nahe. Kein Wunder, vor allem da die letzten Folgen auf einem derartigen Spannungshöhepunkt enden, dass ich ein beachtliches Stück Sofalehne abreiße. Und wenn ich mal wieder soziale Kontakte brauche? Kein Problem, schließlich wächst mein Freundeskreis von Tag zu Tag. Dazu zählen jetzt Carrie Bradshaw, Serena van der Woodsen oder Zoey Hart.

6 Kommentare:

  1. Geldbeutelschonend und ganz legal gibt es die DVDs übrigens auch umsonst in der Münchner Stadtbibliothek. Also noch mehr Stoff für die Sucht, denn da wären ja noch: True Blood, The Good Wife, 30Rock… Zeit für eine Selbsthilfegruppe?

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  2. Vielen Dank für den hilfreichen Tipp, jedoch liebt die Autorin das Gefühl, die Originalverpackungsfolie von der neu erworbenen DVD-Box zu reißen zu sehr ;) Außerdem hofft sie, eine Selbsthilfegruppe vermeiden zu können, denn das Suchtgefühl beschränkt sich glücklicherweise auf einzelne Tage.

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  3. Stundenlanges Serien gucken und dabei alles andere vergessen, kenn ich nur zu gut! Falls es also doch zur Gründung einer Selbsthilfegruppe kommen sollte, ich bin dabei :)

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  4. Wenn ich einmal angefangen hab, kann ich auch nicht mehr aufhören. Jedes Staffelfinale stimmt mich traurig, weil ich am liebsten sofort wissen möchte wie es weitergeht! Das grenzt tatsächlich schon an Suchtverhalten :D

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  5. Schön dass es Menschen gibt, die mein Leid teilen:D
    Ich muss leider zugeben, dass falls so eine Selbsthilfegruppe gegründet werden sollte, ich auch definitiv beitreten muss. Allerdings kommt das Feiern schon nicht zu kurz :D

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  6. Ich schließe mich jetzt einfach mal der Selbsthilfegruppe für Seriensüchtige an. Zwar trifft es bei mir nicht "Grace Anatomy", dafür aber "Two broke girls", "American Dad", "Downton Abbey", "New Girl" und, und, und... Das schlimmste Gefühl ist wirklich der Schlafmangel und die fehlende Freizeit. Wenn man nach gefühlten 300 Folgen endlich ins Bett fällt, der Wecker nach nur einer Stunde klingelt, die Uni wieder anfängt und man am Ende des Tages wieder den Fernseher anmacht, sollte man sich wirklich Gedanken machen...

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