Samstag, 30. November 2013

zwischen gojibeeren und granatäpfeln

Ich stehe in der Gemüseabteilung im Supermarkt und grüble. Schon von weitem rieche ich den Duft der Schokoladenreihe und des Backwarensortiments. Doch ich kann hier nicht weg. Ich bin ein Lebensmittel-Lügner.

Lauchstangen und Koriander? Eigentlich nicht mein Geschmack. 
Ich bringe es nicht übers Herz, das was mir wirklich schmeckt bei der Kasse aufs Laufband zu legen. Es verschafft mir ein Hochgefühl, mir vorzustellen wie die Leute vor und hinter mir an der Schlange neidisch auf meine Einkäufe stieren und sicher denken, welche Lebenskünstlerin ich doch bin. Jemand, der jeden Abend eine Lauchquiche und Rucolasalat mit Gojibeeren-Ziegenkäse-Garnitur zaubert. Ein Dinner wie bei „Downton Abbey“ mit dem ich meine Familie bekoche, während frische Cupcakes aus dem Ofen duften und ich den Haushalt schmeiße. Alles nebenbei. Und leider alles gelogen.
Im Jamie Oliver Kochbuch sieht alles immer so einfach und appetitlich aus. Aber wenn ich jetzt so vor der Lauchstange, dem Koriandergrün und den biomäßig dreckverschmierten Kartoffeln, wie frisch vom Güllehaufen, stehe, beginnt sich meine zarte Nase angewidert zu rümpfen. Trotzdem packe ich fleißig Zutaten in meinen Einkaufswagen, die toll aussehen, noch toller klingen und nach fünf bis sechs Stunden Arbeit sicher ein spitzenmäßiges Gericht geben. Der perfekte Einkauf ist für mich mit einem ökologisch beigen Jutebeutel, aus dem oben eine Lauchstange und ein Steinofenbaguette ragen. Unterm Arm zerre ich meistens noch einen gigantischen Kräutertopf mit. Das Hochgefühl währt nur leider nicht lange. Zuhause angekommen landet alles im obersten Kühlschrankfach bis es vergammelt. Da komme ich sowieso nie richtig hin und deshalb läuft es meistens darauf hinaus, dass ich einmal pro Monat hinaufklettere und die verdorbenen Granatäpfel entsorge und durch Frische ersetze. Ausgelaugt vom anstrengenden Einkauf schnappe ich mir eine Milchschnitte und überlege, was ich heute Abend koche. Wahrscheinlich eine Päckchensuppe, denn die geht am schnellsten.

3 Kommentare:

  1. Sabrina, du sprichst mir aus der Seele! Jetzt kann ich ja endlich zugeben, dass ich am liebsten auf mein iPhone starre während meine Einkäufe auf dem Band liegen - nur um den kritischen Blicken der Leute um mich herum zu entgehen. Super lustiger Eintrag! Ich mag deinen Schreibstil sehr gerne. Vielleicht könntest du ja eine einmal wöchentlich erscheinende Kolumne auf eurem Blog einführen, so wie die Gewissensfrage im SZ-Magazin.

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  2. Einfach ehrlich! Wie du die Situation in einem so kurzen Text so prägnant und treffend beschreibst, ist wirklich erstaunlich. Ein so alltägliches Thema in einen witzigen Text zu verpacken ist nicht immer einfach, aber dir ist es mit diesem Artikel wirklich großartig gelungen. Jetzt weiß ich, dass es nicht nur mir so beim Einkaufen geht!

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  3. Danke ihr beiden für die lieben Komplimente :)
    Freut mich wirklich sehr, dass es mir nicht als einziges so geht!
    Alles Liebe ♥

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